Deutsche Notare bieten weit mehr als nur Unterschriften und Stempel
Er sitzt in seinem dunkel getäfelten Büro hinter einem Berg verstaubter Akten. Der Schreibtisch ist vollgestellt mit verranzten Stempeln. In den Regalen stapeln sich die Gesetzestexte und Bücher mit wichtig erscheinenden Titeln. In einem pompösen Lederstuhl sitzend nuschelt er seinen Text herunter, hat er ihn doch schon tausend Mal vor anderen Mandanten gelesen. Letztlich setzt er noch seinen Stempel unter das Standard-Dokument und entlässt die Beteiligten mit fragenden Gesichtern. Anschließend gibt es dann die Rechnung per Post.
So oder so ähnlich stellt sich vielfach das Image eines Notars in der Öffentlichkeit dar. Doch dass der Beruf des Notars weitaus mehr ist als einfach nur ablesen und abstempeln, wissen viele nicht. Die Notare von heute präsentieren sich modern und bürgerfreundlich, gehen mit Begeisterung und Interesse auf die Ratsuchenden zu. Eliane Schuller ist seit August an der Landesnotarkammer Bayern tätig. Zuvor hat sie schon über drei Jahre zahlreiche Stationen auf dem Weg zur Notarin durchlaufen und ist begeistert, sich dafür entschieden zu haben. „Mir war anfangs nicht bewusst, wie vielfältig, spannend und menschelnd dieser Beruf ist“, sagt die 29-Jährige. Und was ist mit dem Ablesen und Stempeln? „Das ist ein weitverbreitetes Missverständis. Im Mittelpunkt der Arbeit steht vielmehr der Kontakt zu den Menschen, die ihre großen und kleinen Probleme und Wünsche schildern und mit denen man gemeinsam nach rechtlichen Lösungen sucht. Dass diese dann letztlich möglicherweise auch mit einem Stempel besiegelt werden, ist der Abschluss eines länger währenden Prozesses und die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe des Notars“, so Schuller. „Im Übrigen verliest der Notar nicht nur abschließend den Vertrag, sondern erklärt ihn auch für alle Beteiligten verständlich. Kein Beteiligter unterschreibt eine Urkunde, die er nicht verstanden hat“, so Schuller weiter.
Wer den Beruf des Notars ergreift, hat eine harte Ausbildung hinter sich. Das Jura-Studium ist der Grundstein – und nur die Top-Juristen werden für die Laufbahn des Notars zugelassen. Der Gang zum Notar lohnt sich daher allemal, denn dort wird man fachkundig beraten, auf höchstem Niveau und das zu sozialen Preisen. Die Kosten für den Notar überschreiten nie die im Einzelfall gesetzlich vorgesehene Gebühr, völlig unabhängig von den aufgewendeten Arbeitsstunden. Und diese Gebühren sind oft viel geringer, als man annimmt.
Längst stehen die persönlichen Bedürfnisse der Ratsuchenden im Vordergrund, ohne dass die öffentliche Aufgabe in den Hintergrund rückt. „Meine Aufgabe ist in erster Linie die Wünsche der Mandanten zu ermitteln, sie dann über die rechtlichen Möglichkeiten aufzuklären sowie über etwaige Risiken. Hierbei hat der Notar immer den sichersten Weg zu wählen und diesen in einem wasserdichten Vertrag umzusetzen.“ Der Notar greift aber auch korrigierend ein, wenn er sieht, dass bei einem Vertrag, z.B. bei einem Ehevertrag, ein Partner schwächer bzw. unerfahren ist oder ihm einseitig Belastungen auferlegt werden sollen. Hierin zeigt sich dann auch der hoheitliche Charakter des Notaramtes. Häufig haben Notare auch eine schlichtende Funktion, z.B. bei Erbauseinandersetzungen oder Scheidungsvereinbarungen. „Da geht es dann darum, alle Vertragspartner an einen Tisch zu holen und eine Lösung auszuarbeiten, mit der alle leben können“, sagt die in Bayern geborene Juristin.
Sie ist dann streng zu sich selbst, hat an sich den Anspruch, die beste Lösung für alle Beteiligten zu finden. Dabei begegnen ihr oft auch persönliche Schicksale und menschliche Emotionen der unterschiedlichsten Art. „Als Notar bin ich eine wichtige Vertrauensperson für den Beteiligten, die ihn bei wichtigen Entscheidungen in seinem Leben begleitet, wie etwa der Abschluss eines Ehevertrages, der Kauf einer Immobilie, die Adoption eines Kindes, die Gründung eines Unternehmens, die Übergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder die Errichtung eines Testaments, um nur einige zu nennen.“
Bei Themen wie Testamenten, Vorsorgevollmachten oder Patientenverfügungen ist es äußert hilfreich, sich von einem Notar beraten zu lassen. „Zum Beispiel bietet die notarielle Beurkundung eines Testaments ein Stück Sicherheit, dass die Wünsche auch wirklich so umgesetzt werden, wie es der Betroffene entschieden hat“, sagt Schuller.
„Notar sein bedeutet eben nicht nur vorlesen und abstempeln, sondern man ist manchmal auch ein bisschen emotionale Feuerwehr mit dem rechtlichen Handwerkszeug, um dem Mandanten ein gutes und sicheres Gefühl zu geben“, sagt Eliane Schuller. Für sie ist es ein guter Tag gewesen, wenn nicht nur sie selbst, sondern alle Mandanten mit dem Gefühl nach Hause gehen, bei ihr gut beraten worden zu sein.